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Universitätsklinikum Essen
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Forschung

AG "Inflammation & Sepsis"

Das Ziel der „AG Inflammation & Sepsis“ ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der septischen Immunhomöostase im Rahmen der Entzündungsantwort. Wir untersuchen hierbei den Einfluss einzelner Effektoren auf die generalisierte Entzündungsreaktion. Im Fokus unserer Arbeit steht die Erforschung des qualitativen und quantitativen Beitrags reaktiver Metabolite zur Entstehung und Aufrechterhaltung einer Sepsis. Darüber hinaus befassen wir uns mit der Etablierung von Next-Generation Sequencing (NGS)-basierten Analysemethoden zur Diagnostik und Therapie kritisch erkrankter Patienten auf der Intensivstation.

Unser Credo: „Fortschritt durch Kooperation“. Der Erkenntnisgewinn in der Medizin und der medizinischen Forschung war im letzten Jahrhundert so enorm, dass das vorhandene Wissen nicht nur für einen einzelnen Menschen, sondern auch für eine einzelne Fachdisziplin schwer zu fassen und zu überschauen ist. Um dieser Komplexität gerecht zu werden, verknüpfen wir in unserer Arbeitsgruppe gezielt klinische, immunologische und molekularbiologische Expertise. Dabei arbeiten wir sowohl quer über den Essener Campus, als auch national und international mit führenden Wissenschaftlern und Arbeitsgruppen zusammen. Unser Ziel ist es, klinische Fragestellungen vom Patientenbett in das Labor und von dort aus wieder zurück in die klinische Forschung zu bringen. Wir sind davon überzeugt, dass es nur so gelingen kann, eine langfristige Verbesserung der Versorgung der uns anvertrauten Patienten zu erreichen.

Methylglyoxal (MG)-bedingter Carbonylstress in der Sepsis

Die Sepsis ist definiert als eine lebensbedrohliche Organdysfunktion infolge einer fehlregulierten Immunantwort auf dem Boden einer Infektion. Vor allem in der Frühphase der Erkrankung kommt es infolge der Aktivierung von Effektorzellen des angeborenen Immunsystems (Makrophagen, Monozyten, neutrophile Granulozyten) zur Ausschüttung proinflammatorischer Zytokine sowie zur ausgeprägten Radikalbildung. Dabei entstehen Reaktive Sauerstoffspezies (ROS), Reaktive Stickstoffspezies (RNS) sowie Reaktive Carbonylspezies (RCS). Letztgenannte reagieren mit einer Vielzahl von Biomolekülen und können so zu Funktionsveränderungen bis hin zum Funktionsverlust der Ursprungsmoleküle führen. Einen hochreaktiven Vertreter der RCS stellt Methylglyoxal (MG) dar, welches vor allem im Rahmen der Glykolyse durch eine nicht-enzymatische Degradation der Triosephosphate Glycerinaldehydphosphat und Dihydroxyacetonphosphat entsteht. Es überrascht daher wenig, dass vor allem Krankheiten mit einem verstärkten glykolytischen Flux (z.B. Diabetes mellitus (DM)) erhöhte MG-Plasmaspiegel aufweisen. Darüber hinaus ist bekannt, dass der MG-bedingte Carbonylstress beim DM kausal mit dem Auftreten von Spätkomplikationen (z.B. Neuropathie) assoziiert ist, deren jeweiliges Ausmaß durch die Applikation von speziellen MG-Scavengern reduziert werden konnte. Des Weiteren ist bekannt, dass Bakterien zur enzymatischen MG-Synthese befähigt sind. Die Relevanz dieser bakteriellen MG-Bildung bei Sepsis ist bis heute jedoch unbekannt.

Unsere Vorarbeiten zeigen, dass auch die Sepsis durch einen ausgeprägten MG-bedingten Carbonylstress gekennzeichnet ist und MG den gängigen Infektions- bzw. Inflammationsbiomarkern wie z.B. Procalcitonin (PCT) oder C-Reaktives Protein (CRP) in Bezug auf die Diagnosestellung bei Sepsis signifikant überlegen ist. Unsere Daten aus dem Tiermodell werfen zudem die Frage auf, inwieweit das Ausmaß des MG-bedingten Carbonylstresses kausalen Einfluss auf den Krankheitsverlauf und die Prognose der Patienten hat. Die zugrundeliegenden mechanistischen Zusammenhänge sowie die sich hieraus ergebenden therapeutischen Möglichkeiten sind bislang unbekannt und werden gegenwärtig in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projektvorhaben untersucht.

Next GeneSiS-Trial (Next-Generation Sequencing (NGS) zur Diagnostik der Bakteriämie bei Sepsis)

Das Krankheitsbild der Sepsis stellt eine der größten Herausforderungen der modernen Intensivmedizin dar. Im Hinblick auf eine zielgerichtete Therapie der zugrundliegenden Krankheitserreger kommt dem frühestmöglichen Keimnachweis eine entscheidende Bedeutung zu. Bislang stellen kulturbasierte Methoden den Goldstandard dar, wenngleich diese mit einigen Nachteilen assoziiert sind. So benötigen sie zum Teil mehrere Tage, um einen Keim zu identifizieren und dessen Resistenzprofil auszutesten. In dieser Zeit muss rein empirisch therapiert werden. Dies birgt das Risiko der Therapie mit einem Antibiotikum, welches entweder nicht Keim- und Resistogramm-gerecht ist oder ein zu breites Keimspektrum abdeckt. Alternative Verfahren in Form des Nachweises von Erbgutsequenzen der Krankheitserreger könnten daher eine neue Möglichkeit der Diagnostik darstellen. Eine derartige neue Methode stellt das sogenannte Next-Generation Sequencing (NGS) dar, welches frei im Blut zirkulierende Erbgutsequenzen der Krankheitserreger nachweist und mittels eines speziellen Scores („Sepsis Identifying Quantifier“ (SIQ)-Score) diese dann als relevanten Verursacher oder als Verunreinigung zu klassifizieren vermag. Die hier vorliegende multizentrische, klinisch-prospektive, nicht-interventionelle Studie hat daher zum Ziel, die diagnostische Leistungsfähigkeit des SIQ-Scores in einem großen Kollektiv erwachsener Patienten mit Sepsis (n=500) zu untersuchen. Nach Abschluss der Datenerhebung werden die Ergebnisse dann einer Expertenrunde vorlegt, um diese auf ihre Plausibilität zu überprüfen.  

Next GeneSiPS-Trial (Diagnostik von Bakteriämie bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern mit Hilfe von Next-Generation Sequencing (NGS))

Gerade im Bereich der pädiatrischen Intensivmedizin treten die diagnostischen Schwächen der kulturbasierten Erregerdiagnostik in besonderem Maße zu Tage, so dass bei diesem besonderen Patientenklientel ein großer Bedarf für alternative Nachweisverfahren besteht. In diesem Zusammenhang wurden bereits verschiedene kulturunabhängige, molekulare Verfahren (wie z.B. Polymerasekettenreaktion (PCR)-basierte Techniken) für die Erregerdiagnostik genutzt. Allerdings weisen auch die PCR-basierten Techniken relevante Schwächen sowohl in Bezug auf die Quantifizierung der Bakterienlast, als auch bei der Detektion von Resistenzmarkern auf. Eine innovative Alternative könnte auch hier das sogenannte Next-Generation Sequencing (NGS) darstellen, welches frei im Blut zirkulierende Erbgutsequenzen der Krankheitserreger nachweist und mittels eines speziellen Scores („Sepsis Identifying Quantifier“ (SIQ)-Score) diese dann als relevanten Verursacher oder als Verunreinigung klassifiziert. Während wir mit dem vorgenannten Next GeneSiS-Trial (DRKS00011911) die diagnostische Leistungsfähigkeit des SIQ-Scores in einem großen Kollektiv erwachsener Patienten (n=500) mit Sepsis untersuchen, soll der hier beschriebene Next GeneSiPS-Trial nun noch die Leistungsfähigkeit des SIQ-Scores bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern mit Sepsis (n=150) evaluieren. Analog zum Next GeneSiS-Trial werden auch beim Next GeneSiPS-Trial die Ergebnisse nach Abschluss der Datenerhebung einer Expertenrunde vorgelegt, um diese auf ihre Plausibilität zu überprüfen und die Leistungsfähigkeit des NGS-basierten Erregernachweises im Vergleich zur kulturbasierten Routinediagnostik abzuschätzen. 

DigiSep-Trial (Optimierung der Sepsis-Therapie auf Basis einer patientenindividuellen digitalen Präzisionsdiagnostik)

Unsere Vorarbeiten legen nahe, dass die NGS-basierte Erregerdiagnostik eine höhere Genauigkeit und Empfindlichkeit zur Detektion des jeweils Sepsis-auslösenden Erregers im Vergleich zu den herkömmlichen Routineverfahren besitzt. Die detaillierte Ermittlung dieser Leistungskennzahlen der NGS-basierten Erregerdiagnostik bei erwachsenen sowie pädiatrischen Patienten mit Sepsis steht im Mittelpunkt der beiden vorgenannten Projekte namens Next GeneSiS-Trial sowie Next GeneSiPS-Trial. Aufgrund des nicht-interventionellen Studiendesigns erlauben allerdings beide Projekte keine Aussage darüber, ob die jeweils betroffenen Patienten einen messbaren Benefit von der Anwendung dieser Präzisionsdiagnostik haben. Dieser Aspekt ist allerdings absolut entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob die NGS-basierte Technologie den Weg in die Routinediagnostik bei Sepsis finden soll. Aus diesem Grund wurde nun der sogenannte DigiSep-Trial ins Leben gerufen, der die Outcome-Relevanz der Kombination aus NGS- und Kultur-basierter Standarddiagnostik im Vergleich zu einer rein Kultur-basierten Standarddiagnostik bei dem Krankheitsbild Sepsis evaluieren soll. Hierfür wird in Form einer multizentrischen, klinisch-prospektiven, randomisiert-kontrollierten Interventionsstudie an 410 Patienten (n = 205 pro Studienarm) mit Sepsis untersucht, inwiefern durch Anwendung der NGS-basierten Zusatzdiagnostik der sogenannte DOOR-RADAR-Score (Desirability of Outcome Ranking / Response Adjusted for Duration of Antibiotic Risk Score) signifikant verbessert werden kann und ob das neue Verfahren kosteneffektiv ist. Es wird angenommen, dass die stationäre Verweildauer, die Sterblichkeit, das Auftreten eines akuten Nierenversagens, die Dauer der antiinfektiven Therapie sowie Folgenkosten bzw. die Kosten für die ambulante Nachsorge reduziert werden können. Zudem wird von einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität der betroffenen Patienten ausgegangen. Mehr Informationen finden Sie auf der zugehörigen Studien-Homepage.

Next-Generation Sequencing (NGS)-basierte Diagnostik bei SARS-CoV2-positiven Patienten

Schwere virale Infektionen können den Weg für weitere Infektionen mit Bakterien oder Pilzen bereiten, die bei den betroffenen Personen zusätzliche Komplikationen hervorrufen können. Dementsprechend haben auch schwer erkrankte COVID-19-Patienten ein relevantes Risiko, zusätzlich von diesen sogenannten bakteriellen oder fungalen Superinfektionen betroffen zu sein. In dem hier vorliegenden Projekt erproben wir daher eine innovative Diagnostik-Methode zur Erkennung von Viren, Bakterien und Pilzen, die auf dem sogenannten Next Generation Sequencing (NGS) basiert. Bei diesem Verfahren werden RNA- und DNA-Bestandteile von Erregern, die außerhalb von Körperzellen im Blut von COVID-19-Patienten zirkulieren, isoliert und sequenziert. So lässt sich herausfinden, welche zusätzlichen Erreger im Blut der Patienten vorhanden sind und ggf. einer zusätzlichen Behandlung bedürfen. Das Verfahren gilt als vielversprechender Ansatz, der mit einer höheren Genauigkeit Ergebnisse liefert als die bisher standardmäßig verwendeten Verfahren der kulturbasierten Erregerdiagnostik. Hierfür soll das Blut von COVID-19-Patienten auf das Vorhandensein von viralen, bakteriellen oder fungalen Erregern hin untersucht werden. Neben der reinen Erregerdiagnostik ermöglicht die NGS-basierte Diagnostik aufgrund der zeitgleichen Sequenzierung der Wirts-RNA außerdem noch eine umfassende Diagnostik der Wirtsantwort und somit eine differenzierte Evaluation der Wirt-Pathogen-Interaktion. Hiermit wird das Ziel verfolgt, sowohl eine Prognoseeinschätzung, als auch eine Therapiesteuerung bei SARS-CoV2-positiven Patienten vornehmen zu können.

  • Leitung: Univ.-Prof. Dr. med. Thorsten Brenner, MHBA
  • Dr. med. Thomas Schmoch
  • Dr. med. Jonas Gregorius
  • Frau Bircan Cam
  • Frau Nadia Gallenstein
  • Dr. Kai Sohn, Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB), Stuttgart
  • Dr. Philip Stevens, Noscendo GmbH, Duisburg
  • Prof. Dr. med. Oliver Witzke, Klinik für Infektiologie, Universitätsklinikum Essen
  • Prof. Dr. med. Christian Taube, Klinik für Pneumologie, Ruhrlandklinik, Universitätsmedizin Essen
  • Prof. Dr. Folker Meyer, Institut für Künstliche Intelligenz in der Medizin (IKIM), Universitätsklinikum Essen
  • Prof. Dr. med. Markus A. Weigand, Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Heidelberg
  • Prof. Dr. med. Dr. h.c. Peter P. Nawroth (SFB 1118 “Reaktive Metabolite als Ursache diabetischer Folgeschäden”), Universitätsklinikum Heidelberg
  • Prof. Dr. med. Claus-Peter Schmitt, Klinik für Allgemeine Pädiatrie, Neuropädiatrie, Stoffwechsel, Gastroenterologie, Nephrologie, Universitätsklinikum Heidelberg
  • Prof. Dr. med. Jens H. Westhoff, Interdisziplinäre pädiatrische Intensivstation (K-Intensiv), Universitätsklinikum Heidelberg
  • PD Dr. med. Georg Weber, Chirurgische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen
  • Prof. Dr. Wolfgang Greiner, Lehrstuhl für Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement, Universität Bielefeld
  • Dr. med. Steffen Luntz, Koordinierungszentrum für Klinische Studien, Universitätsklinikum Heidelberg
  • Prof. Dr. Meinhard Kieser, Institut für Medizinische Biometrie, Universitätsklinikum Heidelberg
  • Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

  • Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA)

  • Dietmar Hopp Stiftung

  • Stiftung Universitätsmedizin Essen

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Univ.-Prof. Dr. med. Thorsten Brenner, MHBA

Univ.-Prof. Dr. med. Thorsten Brenner, MHBA

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